leben

9
Okt
2007

Nu isser weg

Gestern abend habe ich HeMan zum Flughafen gebracht. Für fünf Wochen Nepal, die er versuchen wird, unter hiker zu dokumentieren.
Die letzte Stunde vor dem Abflug verbrachten wir knutschend auf einem Sofa in der Business Lounge.
(Übrigens gibt es immer wieder Lebensenttäuschungen. Die Business Lounge in Tegel zählt dazu. 80er-Jahre Design, das mittlerweile den Charme von Möbel-Tick hat. Uralte Telefone und Faxgeräte, ein Fall fürs Technikmuseum. Jede Menge Alkoholika und zum Essen Käse aus der Plastikfolie und Chips. Man kann sich dort hungrig und überarbeitet gut volllaufen lassen und später die Flugbegleiter belästigen oder in den Flieger kotzen.)
Die letzten Wochen, in denen auch ich an den intensiven Reisevorbereitungen teilnahm, haben mich mehr in C-Burg als in X-Berg leben lassen. Ich habe mich gern um die eine oder andere technische Sache gekümmert. Blog und Flickr-Account einrichten, Mailumleitungen, iPod bespielen. Mütterlich Medikamentenpackungen beschriften, mit knappen, ohne Lesebrille lesbaren Hinweisen: Fieber, Durchfall, Allergien etc. Ich gesellschaftsunfähiger Mensch habe sogar eine Abschiedsparty organisiert. Die Nähe war mir wichtig. Eine produktive Nähe, in der es nicht darum geht, sich stundenlang in die Augen zu starren oder sich im Bett zu wälzen.
Nicht, daß ich jetzt in ein schwarzes Loch falle. Die Ereignisse dieses Jahres haben genügend Arbeit auf die Halde geschoben. Ich bin in meinen Geschäften einfach so mitgerutscht. Von Führung kann nicht mehr die Rede sein. Also den Berg abarbeiten und wieder einen Überblick schaffen.
Erholung. Wir waren viel unterwegs, aber das waren anstrengende Zeiten, mit wenig Schlaf und kaum einer Möglichkeit, einfach Zeit für sich zu vertrödeln. Dieser vermeintliche mentale Leerlauf ist es aber, der mich produktiv macht. Mein Beruf verlangt von mir Erreichbarkeit und kompetentes Reagieren in jeder Situation, ich mache das seit dem 10. Januar ohne Unterbrechung. That sucks.
Ganz banale Sachen kommen dazu: Das Loft aufräumen, einrichtungstechnische Provisorien beseitigen. Die dunkle Jahreszeit kommt und ich habe immer noch nicht genug Licht. Mein Kühlschrank macht mir Sorgen. Ist Botterbloom-Eis immer so weich oder wird er nicht mehr richtig kalt? Bitte jetzt keine gaggenauteure Reparatur, nicht bei meinem Kontostand. Das Küchenregal ausräumen und alles wegwerfen, was nicht luftdicht verpackt ist (was nicht viel ist), denn ich fange immer noch Maden von der Wand.
Vier Kilo abnehmen. Ich habe einfach zu wenig getan und zu viel gegessen in den letzten Monaten. Eigentlich könnte ich sofort für den ganzen Tag in der Muckibude verschwinden. Vielleicht mache ich das morgen auch.
Ich leide nicht unter Trennungsschmerz. Das ist vielleicht das schöne am Älterwerden. Ich gönne HeMan die Reise und hatte selbst keine Lust, Zeit und Geld, mitzufahren. Das ist nicht mein Traum sondern seiner, der da verwirklicht wird.
Ich habe den einen oder anderen Augenblick der letzten Tage als möglichen finalen Moment abgespeichert. Still, für mich, ohne hysterisches Hyperventilieren. HeMan ist in einem Alter, wo das eine oder andere auf einem Treck im Nepal zu einem gesundheitlichen Problem werden könnte. Und er hat die typisch männliche Tendenz, auf Körpersignale nicht zu hören. Zumindest nicht, wenn er beschäftigt ist. Hypochondrie im Leerlauf ist durchaus erlaubt. Außerdem hat er hat eine Neigung zu Unfällen. Und ich bin ein Mensch, der glaubt, daß Unfälle keine Zufälle, sondern naturellbedingt sind. Einmal mit Unterkühlung im Krankenhaus gelandet, ein Genickbruch, zweimal unters Auto gekommen, dazu diverse Stürze mit dem Fahrrad oder Inline-Skates. Da liebt jemand das Risiko. Von der letzten Bergwanderung kam er mit einer angebrochenen Rippe zurück. Das war eine Tour in Südtirol, zusammen mit drei Sechzigjährigen.
Kein Grund zur Panik, aber ich bin Zweckpessimistin. Das schlimmste wäre für mich, wenn mich ein Unglück überrascht.
Und sonst? Es gibt viele Angebote von Freunden, etwas mit ihnen zu unternehmen. Auf manche habe ich Lust. Ich habe auch Lust, mit meinem neuen Auto einfach wegzufahren, ganz allein. Mal sehen, wo ich lande.

17
Sep
2007

Der englische Besuch

ist ein ehemaliger Nachbar von HeMan. Einer von der Herde, die mittlerweile über die halbe Welt verstreut ist und sich in einer Wohnanlage in Sachsenhausen am Main kennengelernt hat.
HeMan hatte mich vorgewarnt: der ist ein bißchen sonderbar. Hi-End-Stereoanlagen-Nerd, kurz vorm absoluten Gehör. Beruflich ziemlich weit oben und im praktischen etwas gaga, zum Beispiel beim Beteiligen an Kneipenrechnungen.
Ich hatte sonstwen erwartet. Aber es stand nur ein netter, ein wenig rundlicher, weißhäutiger, straßenköterblond & brav frisierter Typ vor mir, der deutsch mit so einer dezenten Andeutung von britischer Versnobtheit sprach, daß es Spaß machte, ihm zuzuhören.
Das Wochenende verging wie im Flug. Wir haben das übliche, nach Wünschen und Interessen modifizierte Sightseening-Programm abgespult, das wir immer machen für die Nichtberliner.
Modifiziert hieß, der Gute wollte Klamotten kaufen, weil er in London vor lauter Arbeit nicht dazu kommt. Mit HeMan macht das Spaß, weil der männeruntypisch 1. gern sinnlos durch Geschäfte zieht und 2. tatsächlich einen ziemlich guten Geschmack hat.
Und so verbrachten wir den Samstag in Mitte und ließen sogar einen Standardprogrammpunkt ausfallen, nämlich die Scampipfanne bei Rogacki - besser kann man das alte Westberlin wirklich nicht auf einem Haufen erleben. (Im KaDeWe sind dafür zu viele Touristen unterwegs.)
Abends dann Kreuzberg, danach noch bis in die Nacht bei mir rumlümmeln. Doch vorher war ein Ausflug in das neue Alexa-Einkaufszentrum nötig. Der englische Besuch wollte nämlich eine LED-Leuchte kaufen, die per Fernbedienung sämtliche Lichtfarbtöne mixen kann. Die gibt es nämlich in England noch nicht. Und so kam auch ich in den Genuß des lädierten Mediamarktes in diesem komischen, in einem roten Bunker befindlichen Einkaufszentrum, das innen schwarz-gold-bunt wie Dubai-Luxus für Arme aussieht. Für Arme war auch das sonstige Publikum. Was den englischen Besuch nicht störte. Er war so fasziniert von diversen technischen Spielzeugen, daß wir ihm seine zwei Lampen an der Kasse zahlten und ihn aus dem Laden zerrten, sonst wären wir dort heute noch drin.
Sonntag war dann Ausflugsprogramm angesagt. Schroers Biergarten, Fischerdorf Rahnsdorf, Klein Venedig. Ich versuchte, anhand der dort lebenden und ausflügenden Spezies, dem englischen Besuch beizubringen, wie man Ossies von Wessies unterscheidet. Was allerdings bei diesen Unmengen fein zurecht gemachter Super-Illu-Leser nicht schwer war.
Der Tag endete im Kaffekahn, wie der Berliner sagt.
Und justament da merkte ich, daß ich an diesem Wochenende die ganze Konversation bestritt. Was bei einem Vielredner (fünf Minuten Redezeit sind Minimum, unter dem kommt man nicht dazwischen) wie HeMan etwas heißen mag.
Der englische Besuch und ich hatten Ähnlichkeiten, die unerwartete Syergieeffekte hervorriefen. Abgesehen von straßenköterblond, n paar Kilo zuviel und ein paar Blindflecke in der emotionalen Intelligenz, die mich genauso zieren, spielten wir uns die Bälle nur so zu. Zwei Aliens vom Typ analytischer Denker und Generalist hatten sich getroffen und jagten in assoziativen Rösselsprüngen durch die Themen. HeMan sorgte immer mal dafür, daß wir uns neben unseren Gedankenspielen auch noch vorwärts bewegten und von der Umwelt etwas mitbekamen. Ansonsten: Stöckchen, Hölzchen, Knöpfchen. Auswirkungen englischer Sprachstruktur auf die englischen Umgangsformen. Die Unterschiede in den industriellen Revolutionen in England und Deutschland. Die Moderne der 20er und die Architelktur der 50er. Wie kriegt man raus, wieviel Zigaretten ein ganzes Land konsumiert? Warum funktioniert Tropical Ilands nicht? Der Klugscheißmodus lief mit Blinken und Sirene.
Und ein bißchen war ich neidisch. Nee, anders formuliert, ich ärgerte mich über meine Faulheit. Daß ich mit ähnlichen Begabungen ins Leben gegangen bin. Daß ich ebenfalls mit Hochtempo lese, mit Leuchturmworten auch nach Jahren ganze Artikel, Faktengruppen und Zusammenhänge wieder aus dem Kopf holen und diese wiederum mit den absurdesten anderen Sachen in Zusammenhang bringen kann. Und was ich daraus gemacht habe. Meine Fremdsprachen sind vergessen. Ich arbeite zwar generalistisch, aber delegiere nichts mehr, was mir dringend not täte. Ich habe mich in einer Branche festgesetzt und dort meine maximalen Aufstiegschancen ausgereizt.
Der englische Besuch hingegen berät weltweit Unternehmen. Spricht Deutsch, Mandarin und scheinbar auch Japanisch.
Herrgott, an irgendeiner Stelle im Leben habe ich den falschen Abzweig genommen...

12
Sep
2007

UÄRGS!

Da habe ich grade eben in einem akuten Süß-Anfall nach dem Nutella-Glas gegriffen, das immer fürs Kind und HeMan bereit steht. Das passiert mir so einmal im Jahr, wenn ich zu faul bin, vor die Tür zu gehen und Schokolade zu holen, sonst mach ich mir nichts draus.
Ich beiß in das Schnittchen und spucke das Zeug gleich wieder aus: widerlicher Geschmack nach muffigem Fett. Ein Blick auf das Etikett verrät mir: drei Monate über Haltbarkeit.
Und HeMan hat heute morgen noch davon gegessen, ohne mit der Wimper zu zucken!

4
Sep
2007

Männliche Romantik

Mein allerbester Freund hat sich gemeldet. Aber erst nachdem ich nachgefragt hatte, ob er nun endgültig in seiner neuen Eroberung versunken ist (die er mir vor seinem Urlaub vorsichtig angekündigt hatte) und deshalb völlig aus der Welt ist.
Die Antwort war ernüchternd:
Diese Frau... ich war wirklich ziemlich hin und voll romatischster Gefühle und habe mich darauf gefreut, diese Frau quadratzentimeterweise zu entdecken. Leider hat sie mich schon an unserem zweiten Abend in ihr Bett gezerrt und dabei ging irgendwie der ganze Zauber für mich flöten.
Ich versteh es nicht. Wir sind doch alle keine 15 mehr. Wieso begegne ich am laufenden Band Männern, die es vorziehen, in Projektionen zu leben?
He, das Mädel wollte einfach Sex und fand dich nett und vielleicht wäre ja auch mehr für sie draus geworden. Aber so ein Affentanz!
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The Diary of Kitty Koma

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Deshalb. Letzter Abschnitt.
Deshalb. Letzter Abschnitt.
kittykoma - 7. Nov, 23:29
Warum?
cabman - 7. Nov, 21:33
Es ist vollbracht
Kitty und ihr Tagebuch sind wieder an die alte Adresse...
Kitty (importiert durch kittykoma) - 18. Okt, 16:03
wieder einmal bestätigt...
wieder einmal bestätigt sich, dass sport eben doch...
Huehnerschreck - 6. Apr, 10:21
Einmal im Jahr
muß sein. 2007: angebrochene Rippe im Wanderurlaub. 2008:...
kittykoma - 4. Apr, 20:44
Ich will auch einen Staubsauger...
Ich will auch einen Staubsauger mit dem die Hausarbeit...
Steffi (Gast) - 8. Mai, 06:45
Saure Eier
Bei uns gehen Saure Eier etwas anders. Mit Butter in...
Schwaka (Gast) - 17. Feb, 14:20
another feuchtgebiet...
spätpubertäre literaturwunderkinder - siehe...
kittykoma - 6. Feb, 13:43

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