leben

11
Jun
2008

BOSS, HUGO BOSS

Vor einer Woche trudelte bei mir ein A4-Kunstdruckblatt ein. Eine Einladung zu einer Kunstausstellung im Keller von Boss Orange in der Münzstr. Drin befindlich ein Einlegeblatt, das mir, ebenso kunstfertig gedruckt, wie formuliert, offerierte:

Wir laden sie ein, die neue Kollektion bei uns im Boss Orange Store - gerne auch bei einem persönlichen Termin mit unseren Mitarbeitern - zu entdecken.

Nun kommt mein englischer Lieblingsfreund endlich wieder einmal nach Berlin. Der arbeitet zwar in London, aber so entsetzlich viel, daß er die Haufen von Geld, die er verdient, dort garnicht ausgeben kann. Als wir im letzten Jahr in dem Laden waren, hat er sich komplett neu eingekleidet und fand eine der Verkäuferinnen allerliebst.
Also dachte ich mir: Kitty, biste helle und machst einen persönlichen Termin aus.

Das Telefonat verlief wie folgt:

Hugo: HugoBossStoreKarinaKrasuschewski*GunTag
Icke: Ja, ich habe von ihnen ein Schreiben bekommen und möchte daraufhin einen persönlichen Termin zur Sichtung der neuen Kollektion machen.
Hugo: Wie?
Icke: Ein Freund von mir ist aus London da, der kauft wahnsinnig gerne bei ihnen ein. Ich möchte diesen Termin vereinbaren.
Hugo: KannIchIhnenNichSagenMußIchFragen. (schlurft weg und kommt nach zwei Minuten wieder) Sie können gerne jederzeit zu uns in den Laden kommen, Verkäufer sind immer da, die zeigen ihnen auch die aktuelle Kollektion, die hängt ja schon.
Icke: Ja, das ist mir bekannt. Ich möchte bitte einen persönlichen Termin vereinbaren, der Freund kommt am Freitag. Wie weit im voraus muß ich mich anmelden?
Hugo: Wir haben auch Freitag offen.
Icke: (lese zunächst den oben zitierten Passus aus der Einladung vor) Das hat ihr Geschäft an mich geschickt. Ich nehme das lediglich wörtlich. Also: Kann ich Samstag mit ihm kommen? Reicht es, wenn ich Freitag anrufe, um einen persönlichen Termin zu vereinbaren?
Hugo: Au, Samstag ist ganz schlecht. Da ist immer so voll. Und wir arbeiten schon mit einem weniger und Samstag sind wir zwei weniger.

(...)

Ich glaube, das reicht.


*Name selbstverständlich geändert.

Die Freundin

hilft mir mit einer Telefonnummer und dem Rat, die betreffende Person anzurufen, um ein Projekt zu retten. Ich bedanke mich, als es klappt. Nach einigen nebensächlichen Wendungen am Telefon der Satz: Dafür kannste mich ja mal zum Champagner einladen. Hm. Für die Coachings für ihre Vertragsverhandlungen habe ich nichts erwartet und auch nichts bekommen, soweit ich mich erinnere.
Pflichtschuldigst lud ich sie zeitnah ein.
Berichterstattung über Intrigen beim Job.
Dann die Frage danach, ob ich mit Geschäftsführer XY immer noch reden würde (ja klar, er ist mein Kunde!), denn der Typ sei ein Betrüger und frauenverachtendes Arschloch.
Danach Genörgel über meinen Mann. Männer sollten prinzipiell bezahlen für eine Frau (das sagt mir in diesem Fall eine Feministin der ersten Stunde) und überhaupt sei er total oberflächlich und würde nicht zu mir passen. Das hätte ich doch nicht nötig, ich sollte meinen Wert bedenken. Das ganze unterbrochen von Fragen wie: Ist er reich? Hat er eine toll eingerichtete Wohnung? Wie teuer ist die? Kauft er dir Sachen?
Ich fühle mich unbehaglich. Komme in die Position, mich verteidigen zu müssen. Ich brauche solche Belehrungen nicht. Ich bin ein selbständiger Mensch und das soll so bleiben.
Dann der Frontalangriff. Ich hätte meine Statussymbole nicht nötig. Als armes Ossikind würde ich mich von der Warenwelt des Kapitalismus blenden lassen: mein Auto, meine Sachen (Wie teuer ist deine tolle Uhr? Wie nur 99?), das wäre alles nicht nötig, ich würde das nur nicht begreifen. (Danke großes weißes Missus. Ich armes kleines Negerkind weiß deine Belehrungen zu schätzen.)
Unsere kommunistischen Ideen damals... und die RAF.
Da hab ich ihr ein paar Takte dazu gesagt.

Dann, am Ende des Abends,
Sie: Du mißverstehst mich doch nicht, oder?
Ich: Nein, ich merke nur, wie exotisch wir für einander sind.
Sie: Ach, ist diese Gesellschaft nach 18 Jahren für dich immer noch exotisch? Hast du sie noch nicht durchschaut?
Ich: Nein, ich bin exotisch für dich. Du hast keine Ahnung von meinen Prägungen.

Ich wollte sie eigentlich stehen lassen. Mit ihren Problemen, ihrer Einsamkeit, ihren Krankheiten, ihrer Intrigenparanoia, dann raffte ich mich auf und sagte artig:
Danke für deine Gesellschaft heute abend.
Sie: Ach, da war ich nur Gesellschafterin?


fick dich doch ins knie

10
Jun
2008

Drei Sekunden Haß 2

Sie nennt mich nicht nur meine Liebe, sondern verabschiedet sich mit den Worten:
Jaistgut! Tschüßtschüßtschüßdu! Tschüß!

Borrowed Time

Ein Tag auf der Charlottenburger Dachterasse. Eher ein halber. Dann hatte mich die Müdigkeit wieder eingeholt. Die Kundschaft war gnädig mit mir und ließ mich in Ruhe, die Männer beschäftigt mit Fußball, die Frauen mit der Bräunung ihrer Haut. Ich lag Stunden bäuchlings auf dem Bett und schlief, ohne mich zu rühren, ohne mich zu drehen. Zweimal träumte es mich, ich wäre aufgestanden. Ich ging durch die Wohnung auf die Terrasse und dort lag zentimeterdick der Hagel, die Kissen der Liegestühle waren fortgeweht und der Regen tropfte ins Zimmer. Dann wieder stand ich auf und taumelte in Kreis durchs Schlafzimmer. Jedesmal, wenn ich aus diesem Traum vom Wachsein erwachte, bemerkte ich, daß ich schlief.
Bis ich dann tatsächlich die Augen öffnete, mich auf den Rücken drehte, lange Minuten die Decke anstarrte und mir irgendwann sagte: Los Alte, steh auf und koch dir einen Kaffee!.

Forderungen an das Universum 3

Ein Date mit dem italienischen Nationaltrainer. Ganz egal, ob seine Jungs nun grade verloren oder gewonnen haben.

9
Jun
2008

Nachgeholt

Früher haßte ich Hängematten und Hollywoodschaukeln. Sie erzeugten Seekrankheit, mehr nicht.
Gestern abend bin ich auf einer Hollywoodschaukel eingeschlafen und wurde von dem mir am nächsten sitzenden Menschen immer mal wieder sanft ins Schaukeln gebracht.
Wie in Mamas Bauch.

2
Jun
2008

...

Die Tage, in denen es auf Mittsommer zugeht, addieren sich für mich Jahr für Jahr auf dem Konto "Schönste Zeit des Lebens". Diese Zeit ist elektrisierend, positiv geladen und auratisch, so als wäre ich eigens dafür geboren worden. Ich schlafe wenig und wenn, dann tief und fest. Ich bin zwar manchmal müde, aber es ist nicht diese Trägheit, gegen die ich den größten Teil des Jahres ankämpfe. Sonne und Wärme tun das ihre. Es ist wunderbar, sich morgens einfach etwas anzuziehen, ohne sich Gedanken um die Außentemperatur zu machen.

Die Beobachtungen des Wochenendes.

Der Club der Visionäre ist viel viel voller als der Freischwimmer. Das hab ich noch garnicht mitbekommen. Letzterer ist nur noch dröge Gastronomie. Ersterer hat noch die Impro-Siff-Atmo des hippen Berlin.

Wenn die Seele weg ist, dann ist das Haus eines toten Menschen nur noch Herberge für seelenlose Dinge. Komisches Gefühl. Auch der Garten, der eine Woche vor und nach ihrem Tod geflaggt hatte: Rhododendrom, Apfelblüten, Tulpen, Rosen, Vergißmeinnicht, ist nur noch eine trockene Wüste.

Drei Mokkaservices! Drei!

Eine Hauseinweihung. Ein Greifswalder Studienjahr Geologie der 90er, mittlerweile in alle Winde zerstreut, kam aus Norwegen, Schweden und der Schweiz wieder zusammen. Sie hatten Frauen und Kinder dabei und bauten sich Zelte unterm Apfelbaum.

Ein "böser" Geburtstag. Viele wunderbare Menschen. Ein endloser Nachthimmel über der Dachterrasse. Wie kann jemand so viel Liebe generieren?

Immer noch Skrupel, Gegenstände aus Kristall einfach wegzuwerfen.

Wennse noch een Stück altet Westberlin sehn wolln, jehn se auffe Wiese am Halensee. Nackte alte Säcke zu Haufen.
Sie sehen Sachen, die sie eigentlich nie gesehen haben wollten. Man möchte ihnen immer Geld in die Hand drücken mit den Worten: Guter Mann kaufense sich ne Turnhose, n Hawaiihemd und Thrombosestrümpfe, so nackich is doch ungesund.

Allein auf der Dachterasse sitzen und in den Himmel schauen, während der Kerl nebenan schon ins Koma gefallen ist, ist auch nicht verkehrt.

28
Mai
2008

Das Leben der anderen

Kaffee mit einem Klienten, der wiederum befreundet ist mit anderen, ehemaligen Klienten.
Ichso: Wie gehts denn X.? Und vor allem seiner Frau?
Erso: Der Frau gehts gut, die hat den Krebs endgültig überstanden.
Ichso: Ach, das freut mich.
Erso: Und der X. hat jetzt dafür wieder mit zocken angefangen...

Nachtrag:
Der letzte, leicht dahingesagte Satz überraschte mich nicht. Ich überspielte, daß der Fakt neu für mich war. Aber nun wußte ich, daß mein Gefühl nicht mich getrogen hatte all die Jahre. Der X. war von Anfang an ein Typ, von dem man sagt: "Der ist nicht echt." Er konnte schmeicheln und Komplimente verteilen. Hatte eine nette, welpenhafte Art und konnte einem doch nie in die Augen sehen. Nach ein paar Monaten war ich verstrickt in ein Netzwerk von Freunden, Erwartungen und Dankbarkeitsverpflichtungen.
Bei den ersten Projekten fiel mir auf, daß X. log, daß sich die Balken bogen. Danach gewöhnte ich mir an, jede Auskunft von ihm zu überprüfen und meine Kunden diskret darauf hinzuweisen, daß Sonderkonditionen jeder Art vorher mit mir abzusprechen waren.
Dann wurde er Vater und heiratete kurz darauf. Ich lernte seine Frau kennen, tough, und kompetent, mir war völlig unverständlich warum sie sich so ein krummes Jungchen ans Bein band. Das Kind war von Anfang an ein Problemfall. Es schrie Tag und Nacht, schlief kaum und hatte später schwere Neurodermitis.
Ich verlor die beiden bald aus den Augen, weil er die geschäftliche Verbindung trennte, er fühlte sich von mir nicht genügend gefördert. Ab und zu wurde mir etwas zugetragen. Zweites Kind. Erstes Kind wieder halbwegs gesund. Immer wieder Karriereanfänge. Immer wieder Geldnot. Frau kurz vorm Karrieredurchbruch, dann brachen die Projekte doch weg. Wieder Geldnot. Die Frau bekam Krebs. Operation und mehrere Chemotherapien. Die Kollegen sammelten Geld zur Unterstützung.
Ich wußte nicht, daß sie sich die letzten zehn Jahre damit beschäftigt hat, seine Schulden zurückzuzahlen, die er immer wieder machte. Bei seinem letzten Rückfall hat er eine Bank eingewickelt und sich einen hohen Kredit auszahlen lassen. Das Geld ist komplett weg. Sie hat ihn rausgeschmissen und er ist in Therapie. Mit wenig Aussicht auf Erfolg, aber mit dem unbedingten Willen, zu seiner Familie zurückzukehren.
Codependenz. Und nicht nur seine Frau hat ihn gedeckt, sondern sein ganzer Freundeskreis, der Bescheid wußte. Heftig.

27
Mai
2008

IchauchIchauchIchauch

Da der Herr Glam und der Herr Lucky über ihre außerordentlich schönen Balköne berichteten, sehe ich mich auch zu einem Blumenpost genötigt. Auf meinem Balkon stehen aber noch die vertrockneten Stauden vom Winter und der Bambus hat auch schon einmal bessere Tage gesehen.
Dafür ziert meine Wohnung seit heute morgen das
rose
HeMans altenglische Rosen blühen in voller Pracht und sie duften unglaublich...

Finessen der Wortwahl

Die Gardinen, wir erinnern uns.
Ich stehe ganz oben auf der Leiter und habe den schönen Dederonschtor* (O-Ton Omma) in der Hand. Um die Nupsis am Vorhang in die Gardinenschiene miepeln zu können, muß ich das Ende nach unten fallen lassen. Auf dem Fensterbrett stehen aber jede Menge Blumentöpfe, die Kind und Mutter wegräumen müßten, sonst gibts ein Desaster.
Könnt ihr mal die..., die... Mir fällt das Wort nicht ein. die ... Ah ja, es fing mit K an! die Kacktüten wegräumen?
Volltreffer.
kacktueten

*ältere Menschen erinnern sich vielleicht, daß Nylon in der größten DDR der Welt Dederon hieß...
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The Diary of Kitty Koma

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Quickcheck

Deshalb. Letzter Abschnitt.
Deshalb. Letzter Abschnitt.
kittykoma - 7. Nov, 23:29
Warum?
cabman - 7. Nov, 21:33
Es ist vollbracht
Kitty und ihr Tagebuch sind wieder an die alte Adresse...
Kitty (importiert durch kittykoma) - 18. Okt, 16:03
wieder einmal bestätigt...
wieder einmal bestätigt sich, dass sport eben doch...
Huehnerschreck - 6. Apr, 10:21
Einmal im Jahr
muß sein. 2007: angebrochene Rippe im Wanderurlaub. 2008:...
kittykoma - 4. Apr, 20:44
Ich will auch einen Staubsauger...
Ich will auch einen Staubsauger mit dem die Hausarbeit...
Steffi (Gast) - 8. Mai, 06:45
Saure Eier
Bei uns gehen Saure Eier etwas anders. Mit Butter in...
Schwaka (Gast) - 17. Feb, 14:20
another feuchtgebiet...
spätpubertäre literaturwunderkinder - siehe...
kittykoma - 6. Feb, 13:43

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